Sondertilgung: sinnvoll oder nicht?

Im Zusammenhang mit einer bestehenden Baufinanzierung stellen sich zahlreiche Kreditnehmer die Frage, ob eine Sondertilgung vorteilhaft ist oder nicht. Grundsätzlich spielen mehrere Faktoren eine Rolle, um dann zu erkennen, ob eine Sondertilgung sinnvoll oder für den Kreditnehmer eher mit Nachteilen verbunden ist. In unserem Beitrag erfahren Sie, worum es sich bei einer Sondertilgung handelt, welche Vor- und Nachteile es gibt sowie mögliche Alternativen.

Was ist eine Sondertilgung?

Falls Sie innerhalb der Baufinanzierung ein Annuitätendarlehen in Anspruch nehmen, besteht die monatliche Kreditrate sowohl aus den Zinsen als auch aus der planmäßigen Tilgung. Bei einer Sondertilgung hingegen handelt es sich um eine außerplanmäßige Tilgung, die so in der Regel nicht vorgesehen war. Sie zahlen also bei einer Sondertilgung außerplanmäßig eine gewisse Summe auf das Darlehen ein, sodass die Restschuld deutlich geringer wird. Mit einer Sondertilgung ist normalerweise nicht die komplette Rückzahlung des Darlehens gemeint, die eher als Ablösung oder vollständige Tilgung bezeichnet wird. Stattdessen beinhaltet eine Sondertilgung normalerweise, dass Sie einen Teil der vorhandenen Restschuld vorzeitig begleichen.

Wann ist eine Sondertilgung sinnvoll?

Es gibt durchaus mehrere Gründe, wann eine Sondertilgung für den Kreditnehmer sinnvoll sein kann. Zunächst muss allerdings abgeklärt werden, ob Sie überhaupt ein Sondertilgungsrecht besitzen und daher die Sondertilgungsoption nutzen können. Es gibt drei Voraussetzungen, unter denen Sie nicht auf die Zustimmung der Bank angewiesen sind, wenn Sie eine Sondertilgungen machen möchten, nämlich:

  • Variabel verzinsliches Darlehen
  • Zinsfestschreibung bereits mehr als zehn Jahre
  • Vereinbarung im Kreditvertrag mit der Bank

Sinnvoll kann eine Sondertilgung insbesondere dann sein, wenn Sie schneller schuldenfrei sein möchten und ohnehin eine größere Kapitalsumme zur Verfügung haben. Diese könnte beispielsweise aus einer Erbschaft oder der Auszahlung der Lebensversicherung stammen. Unter dieser Voraussetzung ist es oft sinnvoll, den Kredit außerplanmäßig zu tilgen statt die vorhandene Kapitalsumme zu geringen Zinsen auf einem Tages- oder Festgeldkonto anzulegen.

Sinnvoll kann eine Sondertilgung ebenfalls sein, wenn Sie für den außerplanmäßig getilgten Darlehensbetrag bei einer anderen Bank ein günstiges Baudarlehen erhalten. Dann sollten Sie allerdings abklären, ob und in welcher Höhe Sie bei der momentanen Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müssen.

Wie oft können Sie eine Sondertilgung machen?

Wie oft und in welcher Höhe die Bank eine Sondertilgung zulässt, ist sehr individuell, da es diesbezüglich keine allgemeinen Vorschriften gibt. Falls Sie ein variabel verzinsliches Darlehen nutzen oder die Zinsfestschreibung bereits mehr als zehn Jahre existiert, können Sie ohnehin ohne Einverständnis des Kreditgebers Sondertilgungen vornehmen. In den meisten Fällen trifft dies allerdings nicht zu, weil Sie sich für ein Immobiliendarlehen mit Zinsfestschreibung entschieden haben. Dann muss der Kreditgeber einer möglichen Sondertilgung zustimmen.

In der Praxis wird es meistens so gehandhabt, dass die Banken eine gewisse Sondertilgung pro Jahr und in begrenzter Höhe gestatten. Ob dies jeweils mit der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung verbunden ist, hängt wiederum von Ihrer Vereinbarung mit dem Kreditinstitut ab. Im besten Fall gestattet der Kreditgeber Ihnen zum Beispiel pro Jahr eine kostenfreie Sondertilgung in Höhe von beispielsweise 10.000 Euro oder bis zu 5 % der ursprünglichen Darlehenssumme.

In der folgenden Tabelle stellen wir beispielhaft dar, wie oft Sie bei unterschiedlichen Vereinbarungen und in welcher Höhe Sondertilgungen leisten könnten:

VereinbarungBetragWie oft?
Max. 3x 10.000 €30.000 €3x während Festschreibung
10 % Darlehenssumme pro JahrBis zu DarlehenshöheMin. 10x
10 % der Restschuld pro Jahrvariabelvariabel
Max. 20 % Darlehenssumme insgesamt20 % Darlehenshöhevariabel

Was ist die Vorfälligkeitsentschädigung?

Im Zusammenhang mit einer möglichen Sondertilgung sollten Sie sich stets informieren, ob Sie eventuell eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müssen. Dies gilt sowohl für eine einmalige Sondertilgung als auch für die komplette, vorzeitige Ablösung des Immobiliendarlehens. Eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen die meisten Banken unter der Voraussetzung, dass Sie einen Teil oder Ihre gesamte Restschuld vorzeitig und somit außerplanmäßig tilgen.

Wenn Sie zum Beispiel in der Niedrigzinsphase eine größere Summe Ihres Immobiliendarlehens sondertilgen, entsteht der Bank dadurch häufig ein Zinsschaden. Sie kann den vorzeitig zurückgezahlt Darlehensbetrag nämlich anschließend nur neu an einen anderen Kunden verleihen, indem sie einen geringeren Zinssatz als bei Ihrem Kredit vereinnahmt. Dieser Zinsschaden auf Seiten der Bank soll durch die Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung ausgeglichen werden. Insofern werden die Kreditinstitute auch nur dann eine Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung stellen, wenn sie den sondergetilgten Darlehensbetrag nur zu einem geringeren Zinssatz an andere Kunden wieder verleihen können.

Berechnen dürfen Banken die Vorfälligkeitsentschädigung allerdings nur unter der Voraussetzung, dass es sich um ein Immobiliendarlehen mit Zinsfestschreibung handelt. Haben Sie sich hingegen für einen variabel verzinslichen Immobilienkredit entschieden, dürfen Sie normalerweise jederzeit und je nach Belieben Sondertilgungen vornehmen, weil die Bank dann vorher ohnehin jederzeit die Möglichkeit hat, den Zinssatz bei Ihrem Kredit anzupassen.

Vor- und Nachteile der Sondertilgung

Je nach Zinssituation und Gegebenheiten kann die Sondertilgung eines Immobilienkredites nicht nur mit Vorteilen verbunden sein, sondern es gibt eventuellen Nachteile zu beachten. Aus diesem Grund möchten wir in der folgenden Tabelle die wichtigsten Vor- und Nachteile aufführen, die – unter Umständen je nach Situation – mit einer Sondertilgung in Verbindung stehen.

Vorteile

  • Schneller schuldenfrei
  • Geringeres Zinsrisiko bei Anschluss
  • Geringere Darlehensrate
  • Neuer Immobilienkredit günstiger

Nachteile

  • Vorfälligkeitsentschädigung
  • Zinsvorteil neues Darlehen kompensiert
  • Entgangene Rendite vorhandenes Kapital

Was ist das Sondertilgungsrecht?

Wie bereits mehrfach erwähnt, gibt es unter Umständen im Zusammenhang mit einer Baufinanzierung ein Sondertilgungsrecht für den Kreditnehmer. Damit ist gemeint, dass Sie ohne Zustimmung der Bank die Möglichkeit haben, eine Sondertilgung vorzunehmen. Ein solches Sondertilgungsrecht existiert beispielsweise dann, wenn Sie bei Abschluss des Kreditvertrages direkt mit der Bank vereinbart haben, dass Sie zum Beispiel pro Jahr Sondertilgungen bis zu maximal 10 % der offenen Restschuld vornehmen dürfen.

Ein Sondertilgungsrecht steht Ihnen ebenfalls unter der Voraussetzung zu, dass es sich bei dem Baukredit um ein variabel verzinsliches Immobiliendarlehen handelt. Ein Sondertilgungsrecht haben Sie ebenfalls, falls die Zinsfestschreibung für Ihren aktuellen Immobilienkredit bereits zehn Jahre existiert. Dann dürfen Sie sogar die gesamte Restschuld vorzeitig ablösen, ohne dass die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung stellen darf.

Gibt es Mindestsummen bei einer Sondertilgung?

Aufgrund anfallender Verwaltungskosten haben die meisten Banken festgelegt, dass die Zahlung einer Sondertilgung mit einer Mindestsumme verbunden ist. In der Regel darf der Kreditnehmer also nicht beispielsweise Monat für Monat 200 Euro zusätzlich tilgen, sondern die Grenzen liegen für gewöhnlich zum Beispiel bei 5.000 bis 10.000 Euro Minimum. Die Vereinbarungen sind hier allerdings je nach Kreditinstitut wiederum zum Teil ganz unterschiedlich. Daher sollten Sie sich stets bei Ihrer Bank erkundigen, ob es bezüglich einer angedachten Sondertilgung Mindestsummen zu beachten gibt.

Wie wirkt sich eine Sondertilgung auf die Tilgung aus?

Wenn Sie eine Sondertilgung vornehmen, dann reduziert sich dadurch die Restschuld um einen größeren Teil. Das wiederum hat die Auswirkung, dass das Darlehen nicht wie eigentlich geplant mit seinen Rückzahlungskonditionen weiter bestehen bleibt. In der Praxis gibt es normalerweise zwei mögliche Auswirkungen der Sondertilgung auf die weitere Rückzahlung und damit auf die Tilgung, nämlich:

  • Darlehenslaufzeit verringert sich
  • Kreditrate sinkt

Eventuell wird sich durch die Sondertilgung die Restlaufzeit des Kredites verringern, weil Sie eine geringere Restschuld als eigentlich (ohne Sondertilgung) vorgesehen abzahlen müssen. Sie werden in dem Fall schneller schuldenfrei. Die Alternative besteht darin, dass sich die Darlehensraten reduzieren, denn nach der Sondertilgung zahlen Sie natürlich auf eine geringere Restschuld die anfallenden Kreditzinsen. In der Regel können Sie mit Ihrer Bank vereinbaren, ob die Restlaufzeit des Darlehens nach einer Sondertilgung verringert wird oder stattdessen eine Reduzierung der monatlichen Kreditrate stattfindet, während die Restlaufzeit des Kredites beibehalten wird.

Welche Alternativen gibt es?

Als Kreditnehmer sind Sie natürlich in keiner Weise dazu gezwungen, bei Ihrem Immobiliendarlehen eine Sondertilgung vorzunehmen. Daher gibt es in dem Sinne keine wirklichen Alternativen, denn entweder Sie entscheiden sich für eine außerplanmäßige Tilgung oder eben nicht. Einzig mögliche Alternative zur Sondertilgung eines Teils der Restschuld wäre im Grunde die vollständige und damit vorzeitige Ablösung des Immobiliendarlehens. Dann würde man allerdings nicht mehr von einer Sondertilgung sprechen, sondern von einer Ablösung des Immobilienkredites.

Falls die Bank momentan keine Sondertilgung zulässt oder eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnet, könnten Sie natürlich noch einige Jahre mit der geplanten Sondertilgung warten. Es besteht dann die Möglichkeit, Ihr vorhandenes Kapital zwischenzeitlich sicher anzulegen und zum Beispiel in drei Jahren eine Sondertilgung vorzunehmen, wenn die Zinsfestschreibung bereits mehr als zehn Jahre läuft und die Bank dann keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen darf.